Selbstverständnis
Art. 8 – Demo- und Prozessbeobachtung hat sich anlässlich des G20 Gipfels in Hamburg gefunden und gegründet. Wir sind ein Zusammenhang Jura Studierender, der das Ziel hat, ihr Wissen im Feld Recht zu nutzen und so einzusetzen, dass Menschen und emanzipatorische Proteste [gegen den Gipfel] unterstützt werden können. Wir sehen das Feld Recht, das heißt die Ausbildung im Studium der Rechtswissenschaft, aber auch die Gesetzgebung und die Rechtsprechung als eng verbunden mit sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen.
Jura ist immer politisch
Historisch betrachtet haben soziale Bewegungen oft Einfluss auf die Gesetzgebung und die Rechtsprechung genommen. Eines der prominentesten Beispiele ist hierbei sicherlich die Frauenbewegung in den 1970er Jahren. Jahrelange, massive und kreative Proteste haben dazu geführt, dass sich gesellschaftliche Vorstellungen zu den Rechten von Frauen*, von Homo*sexualität, dem Status der Ehe oder dem Thema Abtreibung, verändert haben.
Dies führte schließlich zu Gesetzesänderungen. Auch die Rechtsprechung änderte sich in Teilen. Uns zeigt dieses Beispiel, dass die juristische Ebene bei den Emanzipationsbewegungen eine bedeutende Rolle spielt. Denn: Rechtsvorstellungen sind immer auch Ausdruck eines gesellschaftlichen Konsens, welcher nicht vom Himmel gefallenen und in Steintafeln gemeißelt ist, sondern einer stetigen Veränderung unterliegt.
Folglich betrachten wir Jura als ein politisches Feld und wollen im Rahmen unserer Fakultät, aber auch darüber hinaus kritisches Denken anstoßen, die herrschende Rechtsordnung nicht als statisch und unveränderbar anzusehen, sondern versuchen, die Möglichkeiten auszuschöpfen, Emanzipation und Freiheit voran zu treiben. Dass das Recht als Instrument allein nicht ausreicht, ist uns dabei bewusst.
Fokus unserer Arbeit
– G20 Gipfel –
Während des Gipfels begleiteten wir Demonstrationen, auf denen wir versuchten Aktivist*innen bei der Wiedererlangung und Erweiterung ihrer Handlungsfähigkeit zu unterstützen. Auch und insbesondere, wenn diese festgenommen wurden. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive sind staatliche Akteur*innen grundrechtsverpflichtet, während Aktivist*innen grundrechtlich geschützt sind. Diese Perspektive nehmen wir als kritische Demobeobachtung ein und wehren uns gegen verfassungswidrige Beeinträchtigung und staatliche Machtüberschreitung.
Unsere Arbeit führen wir nach dem G20 Gipfel mit der Beobachtung von Strafprozessen weiter.
Wir wollen zudem die Berichterstattung kritisch betrachten und darauf aufmerksam machen, welchen Einfluss unterschiedliche politische Akteure durch die Medien auf die Rechtsprechung im Allgemeinen haben. Wie oben bereits kurz dargestellt hat eine gesellschaftliche Stimmung immer auch Einfluss auf die staatlichen Akteur*innen und Gesetzgebungsverfahren. So hat auch die Haltung der Staatsanwaltschaft, welche dem Bundesjustizministerium unterstellt ist, einen großen Einfluss auf die Urteile, die derzeit gefällt werden. Wir wollen daher die Prozesse kritisch und sowohl aus einer juristischen als auch politischen Perspektive begleiten. Für uns schließt das ein, dass wir versuchen die gefällten Urteile zu bewerten und politisch einzuordnen.
– Teilhabe am Recht ermöglichen –
Wenn wir dafür plädieren, Einfluss auf das Recht zu nehmen, wollen wir uns gleichzeitig ins Gedächtnis rufen, dass auf Grund unseres Bildungssystems nur ein bestimmter Personenkreis den Zugang zu den entsprechenden Berufen hat und damit eine Deutungshoheit über die Auslegung des Rechts erlangt.
Solange nur ein kleiner Ausschnitt der Gesellschaft die Möglichkeit hat, das Rechtssystem zu durchdringen, anzuwenden oder zu verändern, setzt sich eine gesellschaftliche Ungleichheit fort. Grundsätzlich hat jede*r das Recht, sich Rechtsbeistand und rechtliche Beratung einzuholen. Allerdings muss dafür insbesondere Geld vorhanden sein, um diese auch in Anspruch zu nehmen. Das bedeutet, dass in der Realität nach wie vor ein Teil der Gesellschaft von rechtlicher Beratung ausgeschlossen ist und dadurch seine Rechte oft nicht geltend machen kann. Besonders deutlich wird dies im Arbeitsrecht, im Sozialrecht oder im Asyl- und Ausländerrecht.
Wir fordern grundsätzlich den kostenlosen Zugang zu rechtlichem Beistand und stellen euch einige Möglichkeiten kostenloser bzw. günstiger Beratungen für die Geltendmachung des Rechts vor.
– Gesetzesänderungen –
In der Gesellschaft, in der wir leben, wird versucht, fast alle Fragen des Zusammenlebens mit Gesetzen und Recht beziehungsweise der Rechtsform zu beantworten. Sofort wird die Frage gestellt: Darf mensch das überhaupt?!
Warum so viele Menschen sich diese Frage stellen, liegt maßgeblich an der Durchsetzung von Gesetzen durch den Staat. Dieses Gewaltmonopol wird manchmal in positiver Weise ausgeübt und unterstützt dann emanzipatorische Ziele, oftmals aber eben nicht.
Wir wollen versuchen, einige Gesetzesänderungen politisch einzuordnen und deren Auswirkungen zu erfassen und gleichzeitig aus einer juristischen Perspektive erklären, was dies bedeutet.
Denn leider reicht es oft nicht, einen Gesetzestext zu lesen, um zu verstehen, was mit diesem gemeint ist.
– Veranstaltungen –
Schließlich wollen wir euch auf Veranstaltungen, die in einer politischen Beziehung zu dem Recht stehen, aufmerksam machen, und hoffen dadurch mit Euch in einen gemeinsamen Austausch zu kommen.
Art. 8 Demo- und Prozessbeobachtung im Januar 2018